Forscherwoche 2013
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Jungforscher vom Max-Born-Gymnasium (MBG) bei Forscherwoche in Norddeutschland
Gebannt beobachtet Michael Dey (15) wie die putzige, Roboterdame „Penny“ vom roten Team vor dem Fußball tänzelt. Ihre Augen leuchten rot, das bedeutet, dass sie den Ball erkannt hat. Ihr Team aus menschenähnlichen, autonomen Robotern ist mehrfacher Weltmeister im RoboCup-Fußball und wird am Deutschen Forschungsinstitut für künstliche Intelligenz (DFKI) in Bremen programmiert. Penny holt aus zum Torschuss, als Sheldon vom Team Blau ihr den Ball abnimmt. Pennys Tritt trifft Sheldon, der hart zu Boden geht. „Foul“ ruft Michael.
Vom 4. bis zum 8. Oktober 2013 reisten sechs in den Naturwissenschaften besonders engagierte Schüler des Max-Born-Gymnasiums zur Forscherwoche nach Bremen und Osnabrück. Bei dieser seit 1994 jährlich stattfindenden Veranstaltung trafen sie sich mit Jungforschern aus Zeulenroda (Thüringen), Dillingen (Saarland), Hildesheim und Osnabrück (Niedersachsen), um Untersee-Roboter kennen zu lernen, mit Spezialkameras zu experimentieren, selbst DNA-Analysen durchzuführen und die Montage der Ariane-Rakete zu beobachten. Daneben wurden ihnen Experimente in der Schwerelosigkeit vorgestellt und natürlich referierten sie über ihre eigenen Forschungsvorhaben und -ergebnisse.
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Unterseeroboter und Meeresboden-Bohrungen am MARUM
Die erste Station der 30 Jungforscher war das Zentrum für Marine Umweltwissenschaften MARUM in Bremen, wo bis in die Tiefsee hinein das Leben untersucht wird. Der vom MARUM entwickelte Hightech Roboter „Quest“ war gerade zu Wartungsarbeiten da, so dass die Schüler ihn live bestaunen konnten. Auf Forschungsmission „fliegt“ ihn der Pilot bis zum Meeresgrund in 4000m Tiefe. Dort entnimmt der Kopilot mit einem vom Joystick-gesteuerten, präzisen Greifarm Proben wie die zerbrechlichen Kalkhüllen des Rohrwurms, ohne sie zu zerstören.
Auch Bohrkerne vom Meeresgrund bestaunte die Gruppe. Schicht um Schicht lagern sich Kalkhüllen von Plankton am Meeresboden ab, etwa zwei Millimeter im Jahrtausend. In einem Bohrkern vor der Küste Floridas findet sich in 125m unter dem Meeresgrund plötzlich grünliches, glasartiges Material. Es ist Zeuge eines riesigen Meteoriten, der über zweitausend Kilometer entfernt einschlug und in wenigen Stunden mehrere Zentimeter Gestein bis Florida schleuderte. „Das dürfte den Untergang der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren eingeleitet haben“, erklärt Johannes Lehner (15).
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Optoelektronik
Im Labor für intelligente Sensorsysteme der Uni Osnabrück experimentierten die Schüler an verschiedenen optischen Erfassungssystemen: Eine Gruppe arbeitete mit einer Kamera, die bis zu einer Million Bilder pro Sekunde aufnimmt. Erst mit dieser Geschwindigkeit wird sichtbar, dass Risse auf einer Glasscheibe meist nicht vom Einschlagsort des Steines ausgehen, sondern am Rand beginnen.
Die von der X-Box bekannte Kinect von Microsoft steckt voller High-Tech. Diese Kamera erzeugt ein Bild des Raumes mit Abstandsinformationen für jeden Pixel. „So kann ich Software mit Hilfe von Gestern steuern“, überzeugte sich Daniel Gruber (17) durch Versuche.
In seinem lebendigen Vortrag zum Thema Optoelektronik zeigte Prof. Arno Ruckelshausen von der Hochschule Osnabrück die Entwicklung der Foto- und Videotechnik von früher bis heute auf und begeisterte die Gruppe mit den Möglichkeiten, die diese Technologie noch bietet. „Wir befinden uns in der Steinzeit der Bildverarbeitung“, so Ruckelshausen. „Im biologischen Landbau nehmen wir heute das Unkraut neben Nutzpflanzen mit der Kamera auf, ein Mensch klickt es am Bildschirm an, worauf ein Roboter es weghackt. In der Zukunft aber wollen wir auf den Menschen verzichten.“
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DNA Labor
Ein Forscherwochenteilnehmer (17) findet die DNA einen der spannendsten Bereiche der Biologie. Der aus ihr gewonnene genetische Fingerabdruck kann verwendet werden, um Arten zu bestimmen, Erbkrankheiten zu erkennen und sogar Mammuts wieder zum Leben zu erwecken. Letzteres konnten die Schüler beim Besuch in der Universität Osnabrück leider nicht durchführen. Statt dessen stellten sie sich der Aufgabe, einen Täter mit Hilfe von sichergestelltem Erbmaterial zu überführen. „Im Fernsehen sieht man das fast täglich“, erklärte Priv. Doz. Jahreis von der Uni Osnabrück, der die Schüler betreute.
Seinen theoretischen Erklärungen folgte sofort das Experiment im Schülerlabor. „Wir konnten den Täter überführen!“, freute sich Patrick. Bei der Diskussion über die ethischen Aspekte der Genmanipulation, kam es zu einer hitzigen Debatte unter den Teilnehmern. Jahreis stellte hierbei klar, dass das oft verwendete Argument des Bienensterbens durch genmanipulierte Pflanzen ein reines Gerücht sei und keinerlei wissenschaftlichen Bestand habe.
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Bau der Ariane-Raketen bei Astrium
In der Firma Astrium in Bremen führte Kai Bergemann, der Assistent des Firmenleiters, die Jungforscher zum Reinraum, in dem die obere Antriebsstufe der Ariane 5 Rakete montiert wird. Sie ist fast ganz von riesigen Tanks ausgefüllt, in denen hochexplosiver Raketentreibstoff transportiert wird. „Kein Wunder, dass die Ingenieure größten Wert auf perfekte Abdichtung legen“, erläutert Benjamin Plehn (15) vom MBG.
In der Ausstellung über Missionen zu anderen Himmelskörpern konnte er buchstäblich fühlen, wie unterschiedlich die Schwerkraft auf ein normales Frühstückstablett wirkt. Erstaunt stellte er fest, dass das Mondtablett federleicht zu heben war, im Gegensatz zum Jupitertablett, welches mit einer Stahlplatte künstlich beschwert war.
Das ISS-Feeling erlebten die Schüler in einem begehbaren, maßstabsgetreuen Modell der internationalen Raumstation. Gerne schlafen die Astronauten im europäischen Columbus-Modul, das eigentlich nicht zur Nachtruhe dient. Die Europäer haben die Ventilatoren zur Luftumwälzung so leise gebaut, dass hier die besten Schlafbedingungen in der lärmigen ISS herrschen.
Über die Bordkameras der Station erhaschten die Jungforscher sogar einen Blick auf Live-Aufnahmen eines Andockmanövers eines russischen Raumfrachters, der mit größter Präzision an die ISS heran manövrierte. Bei jeder Zündung eines Triebwerks sah man die Abgase hell hinter dem Transporter aufleuchten.
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Schwerelosigkeit beim Sturz durch den Fallturm des ZARM
Im Zentrum für angewandte Raumfahrttechnik und Mikrogravitation (ZARM) fiel Mirko Riedel (17) sofort der 146m hohe Turm der Anlage ins Auge. Hier fällt eine bis zu 500 kg schwere Kapsel 110m durch ein evakuiertes Rohr in die Tiefe. In ihrem Inneren beherbergt sie ein Experiment, das sich beim Sturz für fast fünf Sekunden in Schwerelosigkeit befindet. Dann landet sie mit 170 km/h in einen fast 10 m hohen, mit Styroporkügelchen gefüllten Auffangbehälter, wo sie mit etwa 30-facher Erdbeschleunigung vergleichsweise sanft abgebremst wird. „Für eine Tasse, die vom Tisch fällt, ist der Aufprall etwa vierzig mal härter“, erläutert Mirko.
Noch faszinierender ist das Katapult, mit dem die Flugzeit verdoppelt wird: Mit Hydraulik und Druckluft wird die Kapsel vom Boden des Turms nach oben geschossen, ohne dass sie sich während des Fluges dreht. „Als wir dann unten neben dem Auffangbehälter standen, waren sich alle einig: man fühlt sich sehr klein“.
Für das kommende Jahr konnten die begleitende Lehrer Eckart Werner-Forster und Bettina Rißner im Namen des Direktors des MBG, Dr. Robert Christoph, eine Einladung an die über das ganze Bundesgebiet verteilten Schulen nach Bayern aussprechen, denn 2014 wird die 20. Forscherwoche in Germering stattfinden.
Michael Dey, Johannes Lehner, Daniel Gruber, Benjamin Plehn, Mirko Riedel, Eckart Werner-Forster