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MINT-Fächer - 20 Jahre Forscherwoche 2014

20 Jahre Forscherwoche 2014

 

Die Jungforscher vor dem Eingang zum MBG

30 naturwissenschaftlich begeisterte Schüler und Schülerinnen von fünf Gymnasien aus ganz Deutschland trafen sich in der Woche vom 10.11. bis zum 14.11.2014 in Germering, um Forschungseinrichtungen, Universitäten und Ausstellungen zu besuchen, an Vorträgen, Praktika und Führungen teilzunehmen, in Laboren zu experimentieren und nicht zuletzt um von ihren eigenen Forschungsvorhaben zu berichten.

In der seit 1994 jährlich stattfindende Forscherwoche bringen wir besonders engagierte Schüler in Kontakt mit universitärer Forschung“, erklärt Dr. Robert Christoph, Direktor des Max-Born-Gymnasium (MBG). Darüber hinaus können alle interessierten Schüler und Eltern an den öffentlichen Vorträgen teilnehmen, die im Rahmen der Forscherwoche am MBG stattfinden. Auf diese Weise wirkt die Veranstaltung in die ganze Schule hinein.

Zu Beginn begrüßte Schulleiter Dr. Robert Christoph die Jungforscher. Dann lud Jürgen Biffar, der Vorsitzende des Germeringer Gewerbeverbandes, Schüler zum Networking Dinner mit den sechs germeringer Sponsor-firmen. Je nach Interesse gruppierten sich diese an den Tischen um sich beim zwanglosen Essen über die Tätigkeitsfelder der Firmen zu informieren oder um Kontakte zu einem eventuellen Praktikumsbetrieb herzustellen.

 

Universitäres Niveau fesselt die Zuhörer

Auftakt der Veranstaltung war der öffentlicher Vortrag am Montag, den 10.11.2014 um 19.30 Uhr im MBG. Privatdozent Dr. Philipp Korber vom Lehrstuhl für Molekular­biologie der LMU erläutert unter dem Titel „Ein Mönch, ein Monster und mollige Mäuse – revolutioniert die Epigenetik unser biologisches Weltbild?“ ob und in wie weit unsere Lebensweise das genetisch ererbte Schicksal unserer Kinder und Enkel beeinflusst. Wie die aktuelle Forschung zeigt, werden zusätzlich zur DNA auch andere, durch individuelle Erfahrungen beeinflusste Formen der „Erbinformation“ über die Generationen vererbt. So findet man im Agouti-Mausmodell die Folgen der Ernährung der weiblichen Tiere noch in der Enkelgeneration in Form von Anfälligkeit für Krankheiten wie Diabetes oder Fettleibigkeit.

Der eloquente Redner brachte den weit über 200 Zuhörern Einblicke in die Komplexität des aktuellen Forschungsstandes nahe. Darüber hinaus wurde den Schülern deutlich, welch spannende Forschung sie nach der Schule erwartet, aber auch, wie hohe Anforderungen die Universität stellt.

Am Dienstag, den 11.11. besuchen 24 Teilnehmer dasSchülerlabor des Max-Planck-Instituts (MPI) für Neurobiologie und Biochemie in Martinsried und die Bavarian Nordic GmbH, um neurobiologische Versuche und ein Praktikum zur Gentechnik durchzuführen. Am MPI untersuchten sie unter Anderem „am eigenen Leib“ die Weiterleitungsgeschwindigkeit von Nervenimpulsen beim Achillessehnenreflex. An einem aus den Forschungslaboren des MPI in das Schülerlabor übernommenen Versuch erforschten sie das olfaktorische Verhalten von Fruchtfliegen auf Luft und Kohlenstoffdioxid. Über den ganzen Aufenthalt verteilt fanden auch Versuche zum Lernen und zur Gedächtnisbildung statt, so dass alle Teilnehmer mit veränderten Gehirnen am Nachmittag das MaxLab verließen. Im Anschluss hörten die SchülerInnen noch einen Vortrag der BioM AG über den Münchner Biotech Cluster und konnten zwei Doktoranden zum Biologiestudium befragen.

Handschuhe und desinfizieren gehören dazu

 

Bei der Firma „Bavarian Nordic“, die zur Zeit mit Hochdruck an der Ent- wicklung eines Impfstoffs gegen Ebola arbeitet, konnten sechs Schüler ein gentechnisches Praktikum absolvieren. Sie pipettierten Genmaterial und Enzyme und trennten die Bruchstücke in einer Gelelektrophorese auf. Daneben experimentierten sie mit flüssigem Stickstoff und durften einen Blick auf die Sicherheitslabors der Firma werfen. Vermittelt hatte dieses Praktikum Frau Fumagalli, die Mutter einer Schülerin des MBG.

Am Abend präsentieren Schüler der FoWo ihre eigenen Untersuchungen, die vom Teilchenzoo über Robotikwettbewerbe und Polarisation von Licht bis hin zur Untersuchung zur Zahnpflege in der Ganztagesschule reichten. Schülerinnen aus Hildesheim hatten die Wirkung von Zahnkaugummis und Kräutern auf die Anzahl der Bakterien im Speichel in einer aufwändigen Studie an ihrer Schule untersucht. Mit den teils überraschenden Ergebnissen waren sie bis ins Bundesfinale von „Jugend forscht“ gelangt.

Der Wasserstrahl "leitet" das Licht

 

Am Mittwoch ging es zu Experimenten mit Lasern an die TU München nach Garching. Im PhotonLab maßen die Schüler die Dicke eines Haares, setzten Laser als 3D-Scanner ein und übertrugen Musik mit Lasern. Zudem besichtigen sie das Attosekunden-Laser-Labor im Max-Planck-Institut für Quantenoptik. Die hochkomplexe Anlage erzeugt weiße Laserlicht-Impulse einer Leistung, die jedes deutsche Kraftwerk weit übertrifft – für eine allerdings so kurze Zeit, wie das Licht für das Durchqueren eines Moleküls benötigt. Großes Amusement verursachte in dieser führenden Forschungseinrichtung ein Wahlplakat Adenauers mit der Aufschrift: „Keine Experimente“.
 

 

15 Millionen Volt beschleunigen Ionen

Am Nachmittag lernten sie am Tandembeschleuniger der TU die Funktionsweise eines Beschleunigers und typische Einsatzgebiete wie Massenspektroskopie und Forschung zur biologischen Strahlenwirkung kennen. Fasziniert waren die Jungforscher von Experimenten an einem Detektor, mit dessen Hilfe die Wissenschaftler die geheimnisvolle Dunkle Materie nachweisen wollen, die das ganze Universum erfüllt und sich in den Galaxien ballt. Die vermuteten „WIMP“s sind mit Licht nicht sichtbar, ihre Entdeckung verspricht einen Nobelpreis.

 

Der Donnerstag begann an der TU mit Führungen durch die Forschungs-Neutronenquelle und das Walther-Meißner-Institut für Tieftemperaturforschung.

Garchinger Atomei

Die stärkste Quelle der Welt für langsame Neutronen ermöglicht eine beeindruckende Palette von Experimenten, in denen vornehmlich leichte Elemente nachgewiesen werden können – eine vortreffliche Ergänzung zu Röntgenstrahlen, die eher schwere Atome sichtbar machen. Hier sahen die Schüler Untersuchungen von Lithium-Ionenbatterien und Arbeiten zur Erzeugung der stärksten Anti-Elektronenquelle der Welt. Die Sicherheitsvorkehrungen gegen Strahlungsaustritt oder Missbrauch des hochangereicherten Spaltmaterials hinterließen bei den Schülern großen Eindruck.

Die zweite Schülergruppe hörte am Institut für Tieftemperaturforschung einen Vortrag über Supraleiter, Magnetismus und Magnetoelektronik. Anschließend wurden in einem Vorversuch drei mit unterschiedlichen Gasen gefüllte Luftballons in flüssigen Stickstoff getaucht. In einem Schülerquiz ermittelten die Jungforscher, dass durch die starke Abkühlung aus Kohlendioxidgas Trockeneis und aus Sauerstoffgas eine blaue Flüssigkeit entstand. Gleichzeitig veranschaulichte der Versuch die für Tieftemperaturforscher nur mäßig tiefe Temperatur von flüssigem Stickstoff. Dann wurde ein mit Hochtemperatur-Supraleitern bestücktes und mit flüssigem Stickstoff gekühltes Modellauto schwebend über eine Magnetbahn geschickt, was alle Zuschauer sehr faszinierte. Eine Besichtigung der Forschungslabore, in denen u.a. zu effektiveren Speichermedien geforscht wird, rundete den Besuch ab.

 

Nachmittags arbeitete sich ein Teil der Jungforscher in der Mathematikausstellung ix-quadrat der TU München in Ausstellungsstücke ein, die beispielsweise mit Hilfe von Spiegeln symmetrische Körper erzeugen. Anschließend erläuterten sie diese den übrigen Schülern. 

 

Laser justieren im ScienceLab der TU

Der andere Teil experimentiert im ScienceLab bei den Maschinenbauern mit optischen Geräten. Es erwies sich als Sisyphusarbeit, einen Laserstrahl über zwei Spiegel und eine Linse zielgenau auf einen Detektor zu fokussieren. Nur durch eine überlegte, stets kontrollierte und vorsichtige Vorgehensweise gelang dieses Präzisionsexperiment schließlich.

 

Vor den anderen Jungforschern und vor Vertretern der Sponsoren der Forscherwoche berichteten Schüler von ihrem Projekt, einen Roboter für Boxtraining zu bauen. Weitere Schüler stellten ihre Jugend forscht-Arbeiten vor, beispielsweise einen elektrostatischen Rauchfilter, dessen Funktionstüchtigkeit sie sogleich mit Räucherkerzen unter Beweis stellten.

Prof. Pickl spricht über Atomismus

Den Abschluss der Forscherwoche bildete der Vortrag von Prof. Dr. Peter Pickl vom mathematischen Institut der LMU mit dem Thema „Atomismus - Wie sich physikalische Gesetze durch die Bewegung kleinster Teilchen erklären lassen" am Donnerstag, den 13.11. um 19.30 Uhr am MBG. Prof. Pickl verstand es, erneut über 200 Zuhörern auf Schülerniveau deutlich zu machen, dass sich das Verhalten von Gasen durch die Bewegung von Atomen erklären lässt. Makroskopische Größen wie der Druck in einem Luftballon sind Folge des Prasselns der Atome gegen die Gummihaut. Doch tauchen dabei auch Rätsel auf: Öffnet man das Ventil des Luftballons, so zischt das Gas heraus. Nie hat man erlebt, dass das Gas von selbst in den Ballon zurück strömt. Die Atome, aus denen das Gas besteht, können jedoch eine Bewegung ebenso gut vorwärts wie rückwärts ausführen. Sie könnten "freiwillig" in den Luftballon zurück strömen, ihn sogar zum Platzen bringen.

Auf atomarer Ebene könnte die Zeit gar rückwärts laufen, ohne dass sich die Gesetze der Atombewegungen änderten.

Diesen eklatanten Widerspruch erläuterte Pickl, seinem großen Vorbild Boltzmann folgend, indem er deutlich machte, wie unwahrscheinlich es ist, dass 1023 Teilchen sich in einem kleinen Raum ballen, während daneben relative Leere herrscht.

Abschließend faszinierte er seine Zuhörer mit philosophischen Ausblicken: Wie kann eine so unwahrscheinliche Konstellation von geballter Materie und gähnender Leere im Universum entstanden sein, wo doch alle Entwicklung in Richtung auf die gleichmäßige Verteilung der Teilchen hin geht?

 

Mit diesem Programm decken wir einen Querschnitt durch die naturwissenschaftlichen Fachbereiche auf hohem Niveau ab“, erläutert Bettina Rißner, Fachlehrerin für Biologie und Chemie, die zusammen mit ihrem Kollegen Eckart Werner-Forster die Forscherwoche organisiert. Möglich ist eine solche Veranstaltung nur mit Hilfe der Germeringer Firmen Thermo Fischer, GEBE, Docuware, SSS, Step Ahead, C4B Com For Business und dem Gewerbeverband Germering sowie der Hermann-Gutmann-Stiftung, die als Sponsoren durch ihre großzügige Unterstützung den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern.

Teilnehmer vom MBG

Die Forscherwoche ruht auf einer breiten Basis von Angeboten im naturwissen­schaftlichen Bereich, von der Forscherklasse für die Fünft- und Sechstklässler über den Wahlunterricht Biotop oder Robotik, die unsere Schule ihren Schülern macht“, meint Eckart Werner-Forster, Leiter der AG „Jugend forscht“ am MBG. „Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die Forscherwoche als ungeheurer Ansporn für das Engagement bei eigenen wissenschaftlichen Untersuchungen wirkt und damit letztlich die Schüler bei der Wahl ihres Berufes unterstützt.“

(Eckart Werner-Forster, Bettina Rißner)